Immer wieder stellt sich die Frage: Krafttraining im Alter- gesund oder ungesund? Ob man im hohen Alter noch mit dem Krafttraining beginnen oder weitermachen soll. Die Fragen die ich aus meinem Kundenkreis höre sind fast immer gleichlautend: Wofür könnte das denn gut sein? Wäre es nicht besser vielleicht doch mehr Ausdauertraining zu machen? Vielleicht belastet das Krafttraining ja ungünstigerweise meine Knochen?
Die klare Antwort lautet: Krafttraining im Alter ist nicht ungesund. Ganz im Gegenteil.
Entgegen dem lang anhaltenden Trend im Alter verstärkt die Ausdauerleistung der Älteren zu trainieren, gibt es im Moment durch die Trainingswissenschaft wieder eine klare Trendwende in der Trainingsempfehlung. Weg von dem reinen Ausdauertrainng hin zum gut strukturierten Krafttraining. Bringen wir es mal auf den Punkt! Bis zu 90% der Maximalkraft darf die Belastung bei Trainierten im Alter betragen. Kraftzuwächse von bis zu 100% sind dadurch die Folge. Denn auch hier hat man festgestellt das alle biologischen Systeme – egal in welchem Alter – trainierbar sind. Sehnen sowie auch Muskeln. Es wird also leider nichts mit der Ausrede “man müsse sich im Alter schonen”. Nochmal – ganz im Gegenteil! Vielleicht hilft dabei das Bewusstsein, dass man ab dem 60. Lebensjahr ohne weiteres Training 10% seiner Muskelmasse pro Jahrzehnt verliert. Das schlimme daran – gerade die weissen, schnellen Muskelfasern werden als erstes abgebaut. Diese haben im Gegensatz zu den roten, ausdauernden Fasern eine doppelt so hohe Verfallsrate, wenn die neuronale Versorgung fehlt. Diese sind aber für die Schnellkraft da und genau die benötigen wir weiterhin, wenn wir bei einer ausgleichenden Bewegung (ausrutschen, stolpern) fix reagieren wollen um uns vor weiteren Verletzungen zu schützen.
Merke -> Obwohl der Höhepunkt der muskulären Kraft um das 25. Lebensjahr liegt, gibt es keinen Grund zu glauben, das man im Alter von 60. diese Kraft verloren haben müsste. Wichtig ist, die Muskulatur auch weiterhin zu beschäftigen und zu benutzen, damit die neuronale Versorgung (Ansteuerung) bestehen bleibt. Also: Krafttraining im Alter- gesund oder ungesund?
Krafttraining im Alter- gesund oder ungesund?
Prof. Dr. Gallhofer von dem Institut für Sport und Sportwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg berichtet sogar von einer Trendwende in der Trainingswissenschaft. Hier führt er auch diverse Gründe an, die meiner Meinung nach dafür sprechen.
Motivation im Alter- Krafttraining
Das Ziel von uns allen ist es doch, möglichst lange alleine und selbstständig durch unser Leben gehen zu können. Wenn wir gesund und fit sind, bleiben wir selbstbestimmt und in der Lage uns alleine zu versorgen (z.b. Kiste Wasser hoch tragen oder die Einkaufstüten).
Dabei sind wir schon bei Punkt 2. Um “gehen” zu können brauchen wir Muskeln. Diese Muskeln haben gleich mehrere Funktionen: Muskeln schützen unseren Körper und unsere Organe bei Stürzen vor Verletzungen. Die Lebenserwartung sinkt bei einem diagnostizierten Oberschenkelhalsbruch auf unter ein Jahr.
Oberschenkelhalsbruch im Alter – Was kann ich dagegen tun?
Dadurch das die Muskelkraft im Alter nachläßt und das Gleichgewichtssystem einfach nicht mehr so intensiv genutzt wird, nimmt die Anfälligkeit für Stürze und somit Verletzungen extrem zu. Prof. Albert Gollhofer empfiehlt deshalb den täglichen Einsatz eines Wackelbretts im Einbeinstand 3 x 45 Sekunden (oder 4 x 30Sek) mit geschlossenen Augen. Hier wird das Sturzrisiko aufgrund des bestehenden Trainings-IST-Zustandes der schnell reagierenden Muskelfasern sehr massiv verringert. Auch hier stellt sich diese Frage wohl nicht mehr: Krafttraining im Alter- gesund oder ungesund?
Abnehmen im Alter
Mehr Muskeln verbrauchen mehr Energie und erhöhen somit den Grundumsatz des Körpers pro Tag. Gerade im Alter wirkt sich das positiv auf die sogenannte Altersadipositas (Altersfettleibigkeit) aus. Durch eine hohe Muskelaktivität durch Krafttraining ist es sogar noch möglich die Altersdiabetis in ihre Grenzen zu weisen.
Osteoporose im Alter (mehr dazu hier)
Für alle älteren Ladys auch sehr interessant: Krafttraining im Alter ist die perfekte Prophylaxe gegen Osteoporose. Die Stabilität von Knochen und Sehnen läßt sich mit einem ordentlichen Krafttraining sehr gut aufrecht erhalten. Was viele nicht wissen – der ungenutzte Knochenapparat adropiert (fällt zusammen, wird abgebaut), wenn er nicht ständigem Druck- und Zugbelastungen ausgesetzt ist. Was meinen Sie? Krafttraining im Alter- gesund oder ungesund?
Welches Training sollte ich im Alter durchführen?
Aufgrund der nicht vorhandenen Berufstätigkeit im Alter sind es vor allem die Muskeln am Oberkörper die stark nachlassen. Laufen, gehen bzw. radfahren wird ja durchaus bis ins hohe Alter betrieben. Deshalb sind es auch die typischen Probleme die im Alter auftreten. Überkopfarbeit wird z.b. als extrem anstrengend empfunden oder das Tragen der vielbesprochenen Kiste Wasser.
Die unteren Extremitäten (Beine) kommen bei allem gut weg, wenn auch die Maximalkraft sehr stark eingeschränkt wird, wenn kein gezieltes Training durchgeführt wird.
Trainingstipp für Krafttraining im Alter:
Mein Tipp für Sie: Trainieren Sie 2 – 3 x pro Woche. Kurze und auch intensive Einheiten (max 60 min). Auf 75 jährige können mit 100% Intensität trainieren (Immerhin aktivieren sich erst nach 60-75% Intensität die weissen Muskelfasern). Suchen Sie sich also ein gutes Fitnessstudio und lassen Sie sich einen Ganzkörpertrainingsplan ausstellen. Vermeiden Sie Billigangebote und achten sie auf Spezialisten für Rücken- und Krafttraining. Der Trainer sollte die Beweglichkeit ihrer Gelenke und den Erhalt und Aufbau ihrer Muskeln in den Vordergrund stellen. Die Durchführung einer guten und – meiner Meinung nach – mindestens doppelten Duchführung des Trainingsplans unter Aufsicht (Bedeutet 2 Trainingseinheiten unter Begleitung des Trainers) sollte Ihr Ziel sein. Regelmäßige Updates des Trainingsplanes und die Kontrolle der Bewegungsqualität sollte Ihnen schon die ein oder andere Stunde mit einem Trainer wert sein. Achten Sie hier darauf das Ihnen neben der fachlichen Qualifikation auch die Persönlichkeit des Trainers zusagt. Studien besagen, dass Menschen in einem angenehmen Umfeld deutlich häufiger ihre Ziele erreichen.
Nach 4-6 Monaten an geführten Geräten sollte ihr Trainer über den Einbau von freien Übungen nachdenken. Zwar bauen Sie mit den Geräten mehr Muskelmasse auf, jedoch hat man erwiesen, das der Transfer – die Übertragbarkeit auf die Alltagsanforderungen – mit den freien Übungen besser funktioniert. Hier sollten Sie übrigens mit mittlerer Intensität trainieren (50 – 60 % Intensität). Hier bedarf es schon etwas mehr Erfahrung und auch intensiverer Betreuung, da die eigene Körperbeherrschung und die freien Bewegungen im Raum deutlich mehr Vorkenntnisse erfodern. Dafür bekommen Sie als Fahigkeiten Gleichgewicht, Kraft, Kraftausdauer, Koordination und Mobilität zurück.
Eine in Schweden durchgeführte Studie besagt übrigens, dass sportliche Menschen im Schnitt 3,5 Jahre länger leben. Ehrlich gesagt ist mir das ziemlich egal. Mir ist nur wichtig, wie ich die Zeit bis zu meinem Tod verbringe. Aktiv, stark und mobil oder eben darbend, schwach und auf externe Hilfe angewiesen.
Die Entscheidung kann natürlich jeder selber treffen. Ich habe meine getroffen!
Also: Krafttraining im Alter- gesund oder ungesund?
Ein sehr sinnvoller Artikel der einiges zur Aufklärung und Sinnstiftung von Krafttraining im Alter leistet. Und schön zusammenhänge herausschält.
Meine Frage betrifft aber die Begriffsverwendung weisse Muskelfasern. Was soll das sein?
Damit sind doch eigentlich die intramuskulären Kollagenen Strukturen gemeint die zum faszialen Gewebe gehören. Richtig?
Wenn das so ist dann würde ich darum bitten diese auch so zu benennen.
Hallo Michael,
Danke für deinen Hinweis. Bei der untersteilung geht es aber tatsächlich um weiße und rote Muskulatur. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten von Muskelfasern: die weißen und die roten Muskelfasern, wobei die weißen Muskelfasern noch einmal in zwei Typen unterschieden werden. Die roten Muskelfasern kontrahieren eher langsam und werden daher auch als „Slow-Twitch-Fasern“, Typ-1 oder ST-Fasern bezeichnet. Das genaue Gegenteil sind die weißen oder auch „Fast-Twitch-Fasern“, Typ-2 oder FT-Fasern. Sie kontrahieren eher schnell und sind dadurch für alle schnellkräftigen Bewegungen zuständig.
Der unten stehende Text kommt übrigens von Christian Riedl von den netzathleten.de. Treffender hätte ich es auch nicht schreiben können, deshlab habe ich mir erlaubt diesen Text hier von ihm zu kopieren.
Die rote Muskelfaser:
Ihren Namen haben die Muskelfasern aufgrund ihres Myoglobingehalts. Das Myoglobin ist ein Protein, das in der Zelle Sauerstoff von der Zellwand zu den Mitochondrien transportiert. Je mehr Myoglobin, desto besser funktioniert der Sauerstofftransport in der Zelle und desto dunkler werden auch die Muskelfasern.
Die roten Muskelfasern sind deutlich dünner als die weißen. Sie werden nerval um einiges langsamer angesteuert. Die Nerven senden nur rund 10-20 Aktionspotentiale/sek aus, die eine Kontraktion der entsprechenden Muskelfasern hervorruft. Dadurch sind die Kontraktionen langsamer, halten aber länger an. Die Muskeln verbrauchen weniger Energie als die roten Muskelfasern. Ihre Energie bekommen die ST-Fasern durch Oxidation, die Energiebereitstellung ist also aerob mit Sauerstoff.
Die Versorgung mit Sauerstoff kann leichter aufrechterhalten werden, als bei einer alternativen Energieversorgung. Außerdem haben die roten Muskelfasern sehr viele Kapillare um sich herum aufgebaut, was die Zufuhr mit Sauerstoff vereinfacht. Die Typ-1-Fasern können somit über einen deutlich längeren Zeitraum arbeiten, bevor sie ermüden. Ausdauersportler haben daher einen deutlich höheren Anteil an roten Muskelfasern.
Die weiße Muskelfaser:
Das genaue Gegenteil sind die weißen Muskelfasern, die man in verschiedene Unterrubriken einteilen könnte. Sie sind deutlich dicker, können deutlich mehr Kraft entwickeln und werden vergleichsweise von schneller leitenden Nerven angesteuert. Die Frequenz ist mit 40 Aktionspotentialen/sek viermal so hoch wie bei den roten Muskelfasern. Dadurch können sie deutlich schneller kontrahieren, benötigen dafür aber auch sehr viel mehr Energie. Diese beziehen sie überwiegend durch die Glykolyse, die Energieversorgung ist also anaerob ohne Sauerstoff. Bei dieser Energiebereitstellung entstehen auch die typischen Stoffwechsel-Abfallprodukte wie Laktat. Bei einer hohen Belastung ermüden die Muskelfasern sehr schnell. Daher können die FT-Fasern nur kurze Zeit ihre volle Kraft entfalten. Sprinter haben einen hohen Anteil an den weißen Muskelfasern.
Ein normaler Mensch hat ungefähr einen ausgeglichenen Anteil von beiden Muskelfasern. Bei einer entsprechenden genetischen Veranlagung kann die Verteilung von weißen und roten Muskelfasern aber auch stark variieren. Der frühere 100m-Weltrekordhalter Carl Lewis soll beispielsweise einen Anteil von 90 Prozent weißen Muskelfasern gehabt haben. Für einen Sprinter sind das natürlich ideale Voraussetzungen. Ein weltklasse Marathonläufer kann hingegen bis zu 95 Prozent rote Muskelfasern haben.
Auch durch Training kann sich der Anteil der verschiedenen Muskelfasern verschieben. Allerdings tendieren die Muskeln eher dazu, weitere Kapillare auszubilden und sich so von weißen zu roten Muskelfasern umzuwandeln. Es ist also deutlich einfacher, ausdauernder als schneller zu werden. Einige Sportmediziner bezweifeln sogar ganz, ob sich rote in weiße Fasern umwandeln können. Auch mit zunehmendem Alter nimmt der Anteil an ST-Fasern zu. Das ist ein Grund, warum Ausdauerathleten wie Langläufer oder Radsportler länger ihrem Sport nachgehen können als Sprinter.