Es reiht sich nahtlos in die Riege der Wettkampfsportarten wie Marathon, Triathlon oder Rennradwettkämpfe der 90er ein. Um die 2000er übernahmen dann die Spaß- und erlebniszentrierten Sportarten wie Snowboardfahren, Skitouren und Surfen die Führungspositionen in Sachen Trendsportarten. Diese wurden wiederum abgelöst von fitnessorientierten Konzepten rund um den Körper. Es gab Bodybuilding, Body-Mind-Konzepte, HIIT und Functional Training.
Um 2010 etwa kommen diverse Cross- und Hindernisläufe (Colorrun, Tough Mudder etc.) in Mode und Menschen zahlen sehr viel Geld dafür, sich von Stromstößen und Matschgruben spürbar zurück ins Leben zu katapultieren.
Crossfit
Zeitgleich geht in Europa ein wettkampforientiertes Fitnessprogramm namens Crossfit an den Start.
Crossfit ist nach wie vor ein Wettkampfsport. Gegen Workouts, Zeit, Wiederholungen, Gegner und am Ende nur gegen sich selbst. Es besteht aus diversen sehr anspruchsvollen Workouts mit unterschiedlichsten Ansprüchen, welche gute, technische Fähigkeiten in Sachen Bewegungsqualität, Ausdauer und sämtliche Crossoverskills erfordern. Der Weg von einem unerfahrenen Fitnessenthusiasten zum Crossfitter dauert mitunter Jahre und benötigt viel hartes Training, und es fordert wie bei mir persönlich leider auch seinen Tribut in Sachen Verletzungen.
ACHTUNG: In meinem Fall waren Übereifer und tatsächlich zu viel Belastung bei zu wenig Regeneration der Grund für meine Verletzungen. Ein gut strukturiertes Programm sorgt für ein anspruchsvolles, aber keinesfalls verletzungsförderndes Training. Das ist mir wichtig zu erwähnen.
Crossfit – Vor- und Nachteile
Trotzdem – ein Snatch (Reißen) oder Clean and Jerk (Heben und Stoßen) sind olympische Sportarten, die jahrelange Übung erfordern. Dazu gesellen sich anspruchsvolle Gymnastik (Handstandlauf), Ringaufschwünge und mitunter doppelte Seilchendurchsprünge. Alles nicht unbedingt Übungen, die auf eine niedrige Einstiegshürde schließen lassen. Richtig ausgeführt, aber um ein Vielfaches spannender und ungleich effektiver als Bauch-Beine-Po Kurse.
Hyrox – die kleine Schwester
So kommen wir zu Hyrox, ehemals Curox. (Grund der Namensänderung: Eine Chemiefirma trug den gleichen Namen)
Hyrox: Der neue heiße Scheiß am Fitnessfirmament? Das Managerboxen der Jetztzeit? Oder auch der Colorrun unter den Obstacle-Läufen!
WICHTIG: Ich respektiere jeden Athleten und Sportler, der sich auf diesen Event vorbereitet. Die Leistungen der Athleten sind immens beeindruckend und das Workout ist maximal fordernd. Die Menschen, die mir persönlich bekannt sind und an Wettkämpfen teilnehmen, sind wahnsinnige Athleten.
Saumässig anstrengend und fordernd. Aber um es gleich zu sagen: Mich persönlich langweilt das immer gleiche Workout. Ich persönlich mag Abwechslung und die langfristige Herausforderung, neue Dinge zu lernen und meinem Körper die Chance auf Adaption zu geben.
Aber zurück zum klassischen Hyrox Workout, welches wie oben erwähnt immer gleich abläuft. (Vom Businessaspekt her sehr schlau gelöst, denn so spart man sich den Aufwand, des Programmings und arbeitet ausschließlich an der Verbesserung von Zehnteln in der Gesamtzeit). Und besser geht ja bekanntlich immer ;-).
„Wir wollen so groß werden wie Ironman und eines Tages als Sport bei den Olympischen Spielen dabei sein.“ Moritz Fürste, GQ-Interview
Wie ist ein Hyrox Workout aufgebaut?
• 1-km-Lauf
• 1 km Ski-Ergometer
• 1-km-Lauf
• 50 m Sled Push
• 1-km-Lauf
• 50 m Sled Pull
• 1-km-Lauf
• 80 m Burpees Broad Jumps
• 1-km-Lauf
• 1 km Ruderergometer
• 1-km-Lauf
• 200 m Farmers Carry
• 1-km-Lauf
• 100 m Sandbag Lunges
• 1-km-Lauf
• 100/75 Wallballs
Klassen: Open, Pro, Doppel und Staffel. Unterschiede machen die verwendeten Gewichte.
Hyrox Geschichte
Hyrox startete 2017 und 2018 folgte direkt eine Tour durch 9 Städte in riesigen Hallen. Alleine in Hamburg sind 715 Teilnehmer mit am Start. Es kann also als eine neue Trendsportart der Fitnessszene gesehen werden.
Grundlagen
Es ähnelt Crossfit in so fern, dass es ein wettkampforientiertes Fitnessprogramm ist, bei dem verschiedene sportliche Herausforderungen gemeistert werden müssen. Kraftübungen sind motorisch weniger anspruchsvoll und können von Trainingseinsteigern in relativ kurzer Zeit (im Vergleich zum Crossfit) bewältigt werden. Gleichzeitig sinkt damit das Verletzungsrisiko. Über 90 Prozent der Starter eines Wettkampfes erreichen regelmäßig unverletzt das Ziel.
Hyrox hat seinen Schwerpunkt auf das Laufen gelegt und bietet eine Vielzahl von kraftorientierten Übungen an, die von den meisten Menschen bewältigt werden können. Im Vergleich zu Crossfit ist der Einstieg in Hyrox einfacher und kann von einer breiteren Zielgruppe ausgeführt werden. Zusätzlich sorgt eine ganz eigene Gruppendynamik in den Austragungsorten für Motivation und eine sehr dichte Atmosphäre.
Das ist ein Pluspunkt, wenn man Veranstalter von diesen Events ist und auf ein Potential zurückgreifen kann, welches alleine in Deutschland ca. 22 Mio. joggende Menschen zählt (Quelle: Preuß, H., 2011/12/ Statista 2016). Das ist im Vergleich ein großes Potential, wenn man dies mit der Personenanzahl vergleicht, die in Deutschland bei einem Crossfit-Wettkampf starten oder diesen unverletzt überstehen würden.
Das Managerboxen der Fitnesswettkämpfe
Hyrox ist für mich eine Art „Managerboxen der Fitnesswettkämpfe“. So wie Crossfit light eben. Von den technischen Skills eher so semi und gefühlt immer mit Kopfschuss boxend – nur dass man dabei eben joggt.
Es ist in Sachen Kraftausdauer extrem fordernd, jedoch fehlt der hohe technische Skill, der für mich die Faszination des Zuschauens ausmacht.
Wenn ich einen Crossfit-Wettkampf, einen Kraftdreikampf oder Olympisches Gewichtheben sehe, verspüre zumindest ich persönlich größte Demut gegenüber den Fähigkeiten der Athleten.
Und ja, auch Laufen ist technisch anspruchsvoll, aber das Joggen begeistert mich persönlich, aber nicht beim Zuschauen. Das ist wohl der Effekt, der mich stark an das Managerboxen erinnert.
Ich sage es nochmal und möchte es auch nicht falsch verstanden wissen: Hyrox ist ein hochintensiver Wettkampf. Die Athleten, die dort an den Start gehen, arbeiten hart für ihren Erfolg, auf den sie zu Recht stolz sein dürfen. Ich ziehe meinen Hut und respektiere gelangweilt jeden Einzelnen für seine Leistung.
Aber es will sich mir einfach nicht erschließen, warum ich als Zuschauer Eintritt zahlen soll, um Menschen beim Joggen und bei Kniebeugen zuzusehen. Sicher, wenn mein Vater mitlaufen würde, wäre ich wohl auch dabei, aber ich kann die Motivation ansonsten nicht nachvollziehen. Das ist aber meine persönliche Meinung und der Erfolg gibt den Machern rund um Christian Toetzke und Moritz Fürste Recht.
Vielleicht kann man abschließend noch erwähnen, dass es selbst für Erstplazierte kein Preisgeld zu gewinnen gibt. Das unterscheidet es auch von anderen Sportveranstaltungen, die die Sieger mit einem Preisgeld versehen. Hinzu kommt sogar, dass ich als Erstplazierter in Hamburg trotzdem ein Startgeld zahlen muss, wenn ich bei der WM antreten möchte. Ich bekomme also keine Wildcard oder bin qualifiziert, nein, ich muss selbst bei dem Start zahlen. (So war es zumindest bis vor Corona). Ein mir persönlich bekannter Sieger aus der Zeit hat seine Teilnahme bei der WM verweigert, weil er nicht eingesehen hat, dafür nochmals zu zahlen.
Ist Hyrox an sich gut oder schlecht?
Diese Frage lässt sich sicherlich nicht pauschal beantworten. Wenn man verschiedene Trainingsprinzipien beachtet, könnte man sagen, dass die Fähigkeiten einseitig sind. Wenn man das Workout mit Menschen durchführt, die bisher nur joggen, wendet sich das Blatt und der Sportler hat diverse Vorteile durch das Training. Kräftigung spielt neben Cardiotraining eine entscheidende Rolle in der Gesundheit der Menschen. Gerade in der Zielgruppe ab dem 40. Lebensjahr, die ca. 1 % Muskelmasse pro Jahr durch Sarkopenie verlieren, ab dem 50. Lebensjahr sogar an 2 % degenerativem Verlust von Muskelmasse, wirkt jede Art von Kraftsport erhaltend auf die Muskulatur.
Ob man als Einsteiger 80 m Burpee Broadjumps ausführen muss, wage ich zu bezweifeln. Das jemand danach fitter ist, stelle ich auch mal fraglich zur Debatte.
Es bewegt Menschen. Menschen haben ein Ziel. Sie bleiben am Ball und können in Wettkämpfen innerhalb der Community ihre Fähigkeiten überprüfen. Es bringt Menschen zusammen und kreiert live ein Erlebnis, was viele Menschen zu einem gesunden Lebensstil veranlasst. Nichts Schlechtes - so far.
Also ist Hyrox doch nicht das Managerboxen der Jetztzeit. Managerboxen ist sportliches Kokain für Menschen, die sich ein Krönchen aufsetzen möchten und dabei an einem Wettkampf teilnehmen, der ihren technischen Fähigkeiten weit überlegen ist und der schwer schädigend wäre, würden sie sich innerhalb eines Rings auch nur in der Nähe eines Profiboxers aufhalten. Leistungunabhängiges Selbstbewusstsein nennt man sowas wohl.
Hyrox ist harmlos
Aber es ist viel mehr. Es baut Fähigkeiten aus, verbindet Menschen und zeigt dabei Ziele oder auch die aktuellen der Fähigkeiten.
Für alle Teilnehmer eine tolle Erfahrung, ein einfaches, fast überall auszuführendes Protokoll mit niedriger Einstiegshürde. In Sachen Business eine lohnenswerte Idee der Veranstalter. Vielleicht probierst du es selber einmal aus und es packt dich auch.
Mir persönlich ist es zu langweilig und genauso unattraktiv wie Managerboxen. Aber wer Lust hat: Es gibt einen Physical Fitness Test von Hyrox. Wer mag, meldet sich und wir ziehen das Mal gemeinsam durch ;-)
Protokoll PFT:
1000 m Laufen (im Freien oder auf dem Laufband bei 2 % Steigung)
50 Burpee Broad Jumps
100 Lunges
1000m Rudern
30 Hand Release Push Ups
100 Wallballs (6 kg Männer/4 kg Frauen)
Also - nehmt meine Meinung nicht für bare Münze, aber es musste einfach mal raus. Ich bin mir durchaus auch sehr bewusst, dass nicht viele Menschen das gut finden, was ich sportlich betreibe. Also weitermachen. Egal was. Auch wenn es andere langeweilt. Am Ende ist Bewegung leben.
Trotzdem bin ich gespannt, wie lange sich das Training/Workout auf den Kanälen hält. Straf mich lügen, Hyrox. Allen Teilnehmern weiterhin viel Erfolg bei den Wettkämpfen.
Ahoy
Marc
Comments